Gibt es überhaupt «schwierige Menschen»? Und wenn ja, was macht sie schwierig? Hat man Ihnen schon gesagt, dass Sie schwierig sind oder schwierig tun? Falls ja, was haben Sie damals gemacht, gesagt, nicht gemacht, nicht gesagt? 

Auf das Thema „schwierige Kinder“ werde ich heute nicht eingehen, das ist ein Thema für sich und kommt vielleicht in einem späteren Blog.

Wenn eine Person mir von jemandem sagt, er/sie sei schwierig, dann möchte ich herausfinden, was genau damit gemeint ist. Denn es kann Verschiedenes gemeint sein. In den meisten Fällen sind es zwei Dinge: entweder die betreffende Person macht nicht das, was die andere möchte oder für richtig und gut hält. Oder sie verhält sich so, dass die andere Person sie nicht versteht.

Häufige Beispiele:
«Wieso kann sie sich nicht aufraffen?»  Von aussen mag es aussehen, also ob es einfach wäre, etwas zu erledigen. Für die betroffene Person jedoch hat es grosse Hürden, deren Ursachen vielfältig sein können, bis hin zu einer Depression. Wer das «Anstehen am Berg» nicht kennt, kann sich das manchmal gar nicht vorstellen und ärgert sich über die «Faulheit» oder «Bequemlichkeit» des anderen Menschen.

«Warum tut er sich oder anderen dies oder jenes an?» Oder auch:

«Warum kann sie nicht aufhören zu trinken/Zucker zu essen/im Casino Geld zu verspielen?» Hier handelt es sich manchmal um Suchtverhalten und wer das nie hatte, kann sich schwer vorstellen, wie schwierig es ist, das abzulegen. Das heisst nicht, dass diese Person per se willensschwach ist. Das ist dann u.U. schwierig zu verstehen.

«Wieso ist er nicht besser organisiert?» Gerade Letzteres kommt oft von Menschen, die sich gut oder sehr gut organisieren können und das auch tun. Sie können nicht nachvollziehen, wieso jemand das nicht kann. Für sie selbst ist es ja einfach, also muss es auch für andere einfach sein. Ein klassischer Fehlschluss, wenn man von seinen Fähigkeiten und seinem Leben auf das von anderen schliesst, denn wir haben verschiedene Begabungen und Organisieren ist eine davon.

Ein bisschen anders verhält es sich, wenn es um das nicht Befolgen von Anweisungen oder Ratschlägen geht. Natürlich ist es anstrengend und auch manchmal ärgerlich, wenn jemand beratungsresistent ist. Wer schon Wäsche für die Waschmaschine sortiert hat, hat irgendwann entweder durch eigene oder andere Erfahrung gelernt, dass man zum Beispiel neue rote Kleidungsstücke nicht in eine Weisswäsche tut, auch nicht in eine Jeanswäsche, sonst riskiert man entweder rosarote Unterwäsche oder rosa angehauchte Jeans. Wenn das nun die Lieblingsjeans waren, kann das schon erheblichen Ärger auslösen, das weiss ich aus eigener Erfahrung (es waren meine Jeans!).

Und wenn man nun dem «Wäschesortierer» extra gesagt hatte, dass er das anders handhaben soll, ist es natürlich doppelt ärgerlich.

Es ist halt so, dass Menschen oft nicht machen, was wir für richtig halten, für gut befinden, oder sogar wissen, dass es besser ist. Vielleicht haben sie uns tatsächlich nicht zugehört, vielleicht haben sie es vergessen, vielleicht waren sie Gedanken verloren und haben einfach irgendetwas gemacht, und manchmal ist es wohl auch Trotz. So nach dem Motto: «das geht auch anders». Wenn’s gut kommt ist gut, wenn’s nicht gut kommt, vielleicht weniger. 

Die Ursache für unseren Ärger liegt darin, dass wir keinen oder nur sehr geringen Einfluss darauf haben, was andere Menschen machen. Und leider sind wir manchmal auch die Leidtragenden der unerfreulichen Erfahrungen, die jemand macht. Siehe oben mit den Jeans.

Worauf ich aber hinauswill, ist, dass nicht der Mensch per se schwierig ist, sondern sein Verhalten. Und je nachdem, mit wem wir zusammen sind, legen wir alle manchmal ein unerwünschtes Verhalten an den Tag. Beispiel? Bei der einen Freundin esse ich zu schnell («Du geniesst das Essen ja gar nicht!»), bei der andere zu langsam («Auf Dich muss man ja bei Tisch immer warten!»).

Ich finde es sinnvoll, das Verhalten von der Person zu trennen. Das mag für gewisse Ohren nach künstlicher Trennung klingen, ich finde sie ausgesprochen hilfreich. Denn dann kann ich den Menschen als Ganzes sehen und sagen: «es ist ein wunderbarer Mensch, im Moment legt er/sie gerade ein Verhalten an den Tag, dass mich Schreien lassen würde, wenn ich mich nicht im Griff hätte.» Ich ärgere mich also über das Verhalten und kann trotzdem, wenigstens in einer Ecke meines Gehirns, wahrnehmen, dass es nicht der Mensch ist, sondern was er tut oder nicht tut.

Es kann sein, dass ich das Verhalten von ganz vielen Menschen mühsam finde oder schädlich oder doof oder was immer. Und trotzdem kann ich die Menschen als solches als die Wunderwerke ansehen, die sie sind. Jeder Mensch ist einzigartig. Und ich finde diese Einzigartigkeit schön, egal, wie er oder sie sich gerade benimmt. Das macht es leichter, unverständliches Verhalten zu akzeptieren (nicht gutheissen!).

So gesehen gibt es in meinem Leben keine schwierigen Menschen, nur ein paar Menschen mit schwierigen Verhaltensweisen.

Wie haben Sie es mit «schwierigen Menschen»? Vielleicht haben Sie ja Lust, ein wenig darüber nachzudenken, was Sie manchmal oder auch oft schwierig finden und warum. Wer weiss, mag sein, dass Sie die eine oder andere Erkenntnis über sich selbst erlangen. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Vergnügen beim Nachdenken.