Letzthin hatte ich eine Premiere. Je älter ich werde, desto seltener werden diese, da wir ja mit zunehmendem Alter auch immer mehr erlebt haben.
Es war jetzt kein weltbewegender Anlass, aber für mich neu und hat Freude gemacht.
Von einer Freundin wurde ich eingeladen, an einem Kleidertausch mitzumachen in der demokratischen Schule Fokus in Arlesheim, wo sie arbeitet. Es war nicht die erste Einladung zu so einem Anlass, aber es war das erste Mal, dass es mir möglich war teilzunehmen und ich freute mich darauf.
Im Vorfeld ging es darum, die Sachen, die ich zum Tauschen bereitstellen wollte, auszuwählen.
Fast alle von uns haben zu viel von fast allem, das ist bei mir nicht anders. Und da ich meine Sachen gerne lange habe, zwischendurch aber auch gerne etwas Neues kaufe oder geschenkt kriege, ist der Kleiderschrank voll. Nicht übervoll, aber voll. Darin es hat schöne Sachen, die ich aus irgendeinem Grund nicht oder nicht mehr trage, obwohl an ihnen nichts auszusetzen ist. Also habe ich mich mal dran gemacht, auszuwählen, was ich zum Tausch anbieten möchte.
Bei den Kleidern gab es ein paar Stücke, von denen ich vorher wusste, dass sie weg können. Bei anderen habe ich beim Anschauen gemerkt, dass sie mir immer noch gefallen, aber mir entweder nicht mehr stehen, meinem Stil nicht entsprechen, oder sich nicht so anfühlen, wie ich es gern habe. Ich bin eine „Haptikerin“, ich berühre gerne und erfahre über diesen Sinn die Welt, deshalb müssen sich meine Kleider schön und weich anfühlen.
Nach der Kleiderauswahl kam ich auf die Idee, meine Handtaschen durchzusehen. Ja, ich weiss, Frauen haben immer zu viele Handtaschen, das ist bei mir sicher auch der Fall, auch wenn meine Sammlung definitiv nicht rekordverdächtig ist, da ich von Natur aus keine Sammlerin bin. Aber: es hatte doch einige Taschen, die zwar immer noch sehr schön sind, mir auch gefallen, und die ich doch nicht oder nicht mehr benutze. Unter anderem hat sich mein Stil im Laufe meines Lebens etwas geändert. So kam auch eine ansehnliche Taschensammlung für den Tauschanlass zu Stande, und ich habe immer noch mehr, als eine Frau alleine tatsächlich benötigt.
Ein Kriterium bei der Auswahl war: Wird sie mir fehlen, wenn sie weg ist? Da war die Antwort bei allen „nein“. Denn meine Lieblingstaschen, meistens eher sportliche Teile, kamen natürlich nicht in die Auswahl zum Weggeben.
Innerhalb einer halben Stunde hatte ich das Auswählen von Kleidern und Taschen erledigt. War es schwierig? Nein, für mich nicht. Einerseits, weil ich mich von vielen Dingen relativ leicht trennen kann. Und andererseits, weil ich mir sage, dass dann jemand anderes daran Freude haben kann und die Sachen genutzt werden können. Und das ist doch der Sinn von Sachen, dass sie Freude machen und jemandem auf irgendeine Weise nutzen können. Bei mir im Schrank nutzen Sie niemandem.
Das Treffen am Samstagnachmittag war lustig, es gab viele schöne Sachen in allen Grössen, die Stimmung war heiter, man kam ins Gespräch über die Kleider. So nahm ich ein Kleid in die Hand und stellte mich damit vor den Spiegel. Eine Frau sagte mir: „Das ist ein tolles Kleid und es hat auch Taschen,“ und es stellte sich heraus, dass sie es gebracht hatte. Das Kleid kam dann mit mir nach Hause, ebenso eine Bluse, die geradezu auf mich gewartet hatte, genau mein Stil und meine Farbe.
Für das leibliche Wohl war gut gesorgt (danke Bea für das feine Chili con Carne!) und auch da kam ich mit verschiedenen Menschen –es waren fast nur Frauen da- ins Gespräch. Ich hätte der Schule gewünscht, dass noch viel mehr Menschen den Weg dahin gefunden hätten, denn der Erlös geht in einen Fonds, der Eltern unterstützt, die nicht das ganze Schulgeld bezahlen können. Aber die gute Nachricht ist, dass es offenbar diesmal mehr BesucherInnen hatte als letztes Jahr. Der Kleidertausch kann und darf also wachsen.
Wie sieht es nun in Ihren Schänken aus? Gibt es auch Dinge oder Kleider, die nicht genutzt oder getragen werden? Können und wollen Sie sich vielleicht davon trennen? Es könnte jemand anderem eine Freude machen!